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10. Siedeln auf ungewohntem Untergrund

 
Hier erreicht die Alpenblumen-Promenade eine eigene, in sich geschlossene Vegetationszone. Es handelt sich um die Gratflanke der alten felsigen Seitenmoräne des Triftgletschers. Der Weg führt durch eine Geröllzone mit massiven, geschichteten Felsblöcken. Felsstürze haben sie hierhergebracht, die durch die Erosion von Wind und Wetter, früher einmal sogar durch den fehlenden Stützdruck des abschmelzenden Gletschereises ausgelöst worden sind. Diese Zone ist sehr labil und durch nachstürzende Felsquader aus dem Gratbereich gefährdet.
Die Pflanzengesellschaften sind durch die besonders exponierte Lage und durch die Silikatbeschaffenheit des Untergrunds geprägt. Es sind Pflanzen, die sich auf unwirtlichem Felsboden festkrallen und meist in Felsritzen vegetieren. Hier kann sich der zur Nahrungs- und Wasseraufnahme so wichtige Humus etwas ansammeln. Die schattige Lage lässt nur eine relativ kurze Vegetationszeit von knapp zweieinhalb Monaten zu. Anderseits führt die bessere Wärmespeicherung auf den Felsblöcken zu einer raschen Verdunstung der Feuchtigkeit. Dadurch sind die Temperaturdifferenzen zwischen Tag und Nacht beträchtlicher als anderorts. Es sind schwierige Bedingungen zum Überleben. Dafür ist die Konkurrenz durch andere Pflanzen geringer als anderswo.
Sehr selten aber typisch ist der hier siedelnde Kriechende Nelkenwurz. Ein anderer sehr typischer Siedler ist die Landkartenflechte, auch Geografenflechte genannt. Sie ist eine Lebensgemeinschaft von Pilzen und Algen, die praktisch nackten Stein besiedeln kann. Die Pilze in diesem Organismus sorgen für Nährstoffe und Wasser, die Algen liefern die nötigen Assimilationsprodukte. Beide Partner pflanzen sich getrennt fort. Und weil sie sehr langsam wächst, kann man aufgrund ihrer Grösse sehr gut auch ihr Alter bestimmen. Auch der seltene Säuerling, eine Pflanze aus arktischen Gefilden eingewandert, ist hier anzutreffen. Er heisst so, weil er kalkfreie, saure Böden bevorzugt. Die Bodenbeschaffenheit prägt hier die Vegetation. Nur mühsam kann sich hier die Blütenpflanze im Boden verankern. Sie zwängt sich mit ihren Wurzeln in die Felsritzen, versucht diese auszuweiten und aufzusprengen oder umfasst damit einzelne Felsblöcke. Ihr Wurzelwerk ist weit verzweigt. Sie versucht damit, den lockeren Boden wenigstens lokal zu festigen. Bei Steinschlag oder Überdeckung kann sie so mit ihren ober- und unterirdischen Organen sofort an anderer Stelle wieder ausschlagen und das zum Überleben wichtige Tageslicht erreichen.