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9. Eine überaus harte Umgebung

 
Die Temperatur hat für das Pflanzenleben entscheidendste Bedeutung. Alle Lebensvorgänge nehmen mit zunehmender Temperatur an Intensität und Geschwindigkeit zu. Die Lufttemperatur sinkt pro 100 m Höhe um 0,5 °C. Alpenpflanzen wachsen darum langsamer als die Pflanzen im Unterland. Aber - erdnahe Luftschichten werden stärker erwärmt als darüber liegende. Alpenpflanzen profitieren davon. Die Sonneneinstrahlung ist die wichtigste Wärmequelle. Sie ist in grossen Höhen fast doppelt so gross wie im Flachland. Schuld daran ist die geringere Anzahl Wassertröpfchen und Staubpartikel, die das Sonnenlicht reflektieren. Steinige Böden und Felsplatten heizen erheblich auf. So können Temperaturdifferenzen zwischen Sonne und Schatten bis zu 50 °C betragen. Die Alpenpflanzen profitieren von höheren Wärmefrachten, müssen aber auch mit grösseren Temperaturdifferenzen leben.
Da die nächtliche Abstrahlung der gespeicherten Sonnenwärme mit zunehmender Höhe beträchtlich zunimmt, müssen die Pflanzen in bodennahen Schichten fast das ganze Jahr hindurch mit Frost rechnen. Zudem ist die Abkühlung in trockenen und windstillen Nächten am Boden grösser und die Bodentemperaturen sind dann meist 5-8 °C tiefer als 2 m über Bodenhöhe. Das setzt voraus, dass die Pflanzen während der Vegetationszeit frostunempfindlich sind. Tatsächlich verfügen die meisten Alpenpflanzen über frostresistente Säfte. Das Sonnenlicht ist auf 1600 m ü. M. im Sommer doppelt so stark, im Winter gar 6,5mal so stark wie auf Meereshöhe. Die AIpenpflanzen können aus Sonnenlicht und der Lichtintensität trotz geringer Temperaturen überdurchschnittlich viel Zucker aufbauen, der ihrem Wachstum dient. Sie müssen sich aber vor der Ultraviolettstrahlung der Sonne durch Pigmentierung, durch Haarschutz auf den Blättern und durch Wachseinlagerungen an den äusseren Zellwänden schützen.-
Das Saastal weist mit 847 mm Niederschlag im Jahresschnitt die tiefsten Niederschlagsmengen des Wallis auf. Durch die Höhenlage ist die Schneebedeckung lang und die Vegetationszeit kurz. An extrem südlich exponierten kalkigen Böden (an den Lawinenverbauungen) trocknen die Böden mitunter aus. Hier sind die Standorte zusätzlich stark windausgesetzt, was die Austrocknung fördert. Wichtig ist die Länge der Vegetationszeit. Sie variiert je nach Schneemengen von Winter zu Winter. Und natürlich variiert sie je nach Höhenlage. Auf Hohsaas gibt es Pflanzenstandorte, an denen ein einziger Sommer allein nicht ausreicht, den ganzen Vegetationszyklus zu vollenden. Der Gletscher-Hahnenfuss zum Beispiel lässt sich fürs Ausblühen zwei volle Jahre Zeit. Wichtig ist auch die Konkurrenzsituation durch andere Pflanzenarten. Die Existenz am Standort ist sowohl durch die Nutzung günstiger Standort-Faktoren bedingt, aber auch von der erfolgreichen Sozialisierung und einem erfolgreichen Bestehen des Konkurrenzkampfs, vom Recht des Stärkeren abhängig. Fast wie beim Menschen.